09.06.2013

Zwei Fragen einer Leserin

1) Geht es ohne "Opfer" nicht, auf dem Weg der Liebe voranzuschreiten, auf dem Weg zu sich selbst und dem inneren Gleichgewicht, einem anderen Bewusstseins- und Herzenszustand? 

Antwort: Jeder Weg ist individuell. Es gibt immer etwas zu "opfern", sprich, etwas aufzugeben, was einem ganz wichtig erscheint. Doch muss das nichts im Außen sein, weil das Loslassen immer ein innerer Prozess ist. Manchmal denken wir, wir müssten unser Leben und seine Umstände ändern, um zu finden, was wir suchen. 

Doch geht es nach meiner Erfahrung vor allem darum, dass wir unsere inneren Konzepte und Vorstellungen von der Wirklichkeit verändern. Wir denken vielleicht, dass uns etwas im Außen im Weg steht, um tiefer nach innen zu kommen, sodass wir das verändern müssen, um weiterzukommen. Doch dient die äußere Veränderung nur dazu, ein Konzept loszulassen. 

Z.B. können wir meinen, dass uns eine Beziehung hindert, auf dem inneren Weg weiterzukommen. Wenn wir die Beziehung beenden, lernen wir nur dann etwas, wenn wir erkennen, dass es unsere inneren Erwartungen waren, die uns daran gehindert haben, in der Beziehung glücklich zu sein. Dann kommen wir zu einem tieferen Bewusstseins- und Herzenszustand und zum Frieden in uns selbst. 

Es sind ja immer unsere Vorstellungen, die uns an der Wirklichkeit leiden lassen. Oft müssen wir, um sie loszuwerden, an die Wurzel ihrer Entstehung gehen, an die Angst, die sich darin verstecken. Wenn es uns gelingt, diese spezielle Angst anzunehmen und ins Herz zu bringen, dann brauchen wir die Vorstellung oder das Konzept nicht mehr und haben uns um dieses Stück befreit. 

Also: Das eigentliche Opfer ist unser Ego. Das müssen wir bereit sein, aufzugeben, Stück für Stück, bis wir ganz frei sind. 

2) Ist es notwendig, eine Art "Scheich" an der Seite zu haben, der den Weg mitgeht und Anregungen gibt? 

Antwort: Auch hier denke ich, dass der Weg individuell verschieden ist. Das Buch („Vierzig Geheimnisse der Liebe“) beschreibt vor allem eine Zeit, in der die Weitergabe von Wissen und Erfahrung nur von Person zu Person möglich war. Auch gab es nur wenige Menschen, die den Weg der inneren Suche gegangen sind und die ihre Weisheit als Lehrer oder Meister dann zur Verfügung stellten. Da war es kaum möglich, den inneren Weg konsequent zu gehen, ohne einen Scheich oder Guru. Ausnahmen gibt es da immer, wie Jesus Christus oder Buddha oder Ramana Maharshi, die ihre innere Freiheit durch Gnade geschenkt erhielten. 

Der "klassische" Weg bedeutet, bei einem Lehrer zu bleiben, bis alles gelernt ist, was notwendig ist. 

Heute gibt es viele LehrerInnen, die uns auf dem Weg weiterhelfen können. Aber es hat auch mit Gnade zu tun, den "Richtigen" zu finden. Nur wenn dieser innere Ruf erwacht - ich brauche jemanden, der mir weiterhilft, alleine schaffe ich es nicht - dann ist es wichtig, ihm zu folgen und auf die Suche zu gehen. Vertrauen Sie dabei auf Ihr Herz, das Sie auf dieser Suche leiten wird, es wird Ihnen zu den notwendigen Informationen verhelfen und Ihnen auch sagen, wann Sie an der richtigen Stelle angelangt sind. 

 Ich selber habe auf meinem Weg verschiedene Lehrer kennen- und schätzen gelernt und hatte dazwischen immer wieder Zeiten, in denen ich auch in und mit mir selber zu Erkenntnissen gelangt bin. Auch das Beenden einer Schüler-Lehrer-Beziehung war sehr wichtig für mich, um zu integrieren, was ich gelernt habe. Meine eigene "Lehre", die Grundgedanken, die mir viel bedeuten, um mich und das Leben zu verstehen, habe ich in einem Zusammenspiel von Geschenken, die ich von Lehrern erhalten habe, und von Geschenken, die ich aus meinem Inneren empfangen habe, entwickelt, oder, besser gesagt, diese Lehre hat sich in diesem Zusammenspiel in mir entwickelt.